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Textmacher Borgfeld Team

Brief von Jürgen Linke am 05.10.2018


Textmacher Borgfeld „Ich schreibe, also bin ich“.

5 .10.2018

An die Literaturfreundinnen und –freunde

Liebe Freundinnen und Freunde,

noch sind die Eindrücke unseres Treffens am vergangenen Freitag lebendig und frisch. Deswegen will ich mich sogleich dranmachen und einen kurzen Rückblick wagen.

Ich durfte acht Anwesende begrüßen: Rosemarie Holm, die zum ersten Mal in unserer Runde war, Dieter Schrant, aus dem Spreewald angereist, Karin, Inge, Conny, Dorothea, Gabriele, Ilona, (Jürgen).

Wir hören vier Autor*Innen mit autobiografischen Texten.

Dieters Vortrag führt uns nach Wien, zur Donau-Metropole, der sich Dieter nach vielen, vielen Reisen eng verbunden fühlt. Der vorgetragene Text ist auf zwei Zeitebenen angesiedelt. Er beschreibt – sehr eindringlich und bildhaft – den Besuch des „Friedhofs der Namenlosen“ am Ufer der Donau, wo früher ein Strudel die Toten des Flusses angeschwemmt hat. Das ist die eine Zeitebene, dicht an der Gegenwart verortet: der Besucher betrachtet die Dinge aus der Perspektive des reiferen Alters. Die andere Ebene wird erreicht durch einen Sprung in die frühe Jugend. Dieter berichtet von einem kühnen Unterfangen, das ihn fast das Leben gekostet hätte. Er wagt es, die Donau schwimmend zu durchqueren. Er schafft es, in beiden Richtungen, und steigt schließlich schlotternd vor Kälte ans Ufer. – Ein beeindruckender Text, der (fast ) ein ganzes Leben umschließt.

Ilona ruft uns durch ihren Text Erinnerungen wach an den 4.08.2011. An diesem Tag ging ein gewaltiger Regen über Bremen nieder. Ilona beschreibt, wie sie an diesem Vormittag den Weg zur Arbeit bewältigte. Mit dem Rad macht sie sich auf, muss sich ihren Weg durch knöchelhohes Wasser bahnen, sieht, wie Feuerwehr und Polizei an der Bahnunterführung am Stadtwald Autos bergen. Strümpfe und Schuhe werden jetzt in der Fahrradtasche verwahrt, damit wenigsten diese trocken bleiben. Mit einem gehörigen Schuss Humor beschreibt sie dann, wie sie – am Arbeitsplatz angekommen – ihre nassen Sachen wechselt: aus einer alten Plastiktüte wird ein Rock. – Ein biografischer Text, der die Balance hält zwischen humorvoller und distanzierter Sicht auf die Gegebenheiten des Lebens.

Inge lässt uns teilhaben am „Hüttenzauber“. Über viele Jahre trafen sich in einer Berghütte in Tirol Menschen, die in Ostasien gelebt hatten und nach dem Krieg das Land verlassen mussten. Die Hütte war nicht sehr komfortabel, hatte wohl noch etwas vom Charme der frühen Jugendherbergen mit Doppelstockbetten und Plumsklo. Wolfgang Müller war der gute Geist der Gruppe; er hatte als Pfarrer und Lehrer selbst lange in Ostasien gelebt. Nach ihm ist heute die Begegnungsstätte für Ostasienfreunde benannt. – Ein Text, der uns ein eindrucksvolles Bild vom geselligen Leben auf einer Berghütte vermittelt.

Karin trägt drei Texte vor. Sie sind Teil einer umfänglichen Autobiografie, die Karin für ihren Sohn zu dessen 50. Geburtstag geschrieben hat. Ein Stück deutscher Geschichte wird lebendig. Der erste Text behandelt die Kinderlandverschickung während des Großen Krieges. Der zweite die Zeit unmittelbar nach dem Krieg. Der dritte beschreibt, wie die Autorin „den erzen Kuss“ erlebt hat. Ein Text mit eindrucksvoller Pointe: Der erste Kuss im Alter von 16 Jahren war noch voller Geheimnisse und Unschuld. Die Nichte nimmt mit 16 schon die Pille.

So weit – in Kurzform – die vier Texte, über die wir uns am 28. September freuen durften. Jetzt ein Blick nach vorn. Wir treffen uns noch einmal in diesem Jahr, das so langsam dem Ende zustrebt: am 30. November. Einladung ergeht wie immer einige Tage vorher.

Thematischer Rahmen: abermals biografisches Schreiben, aber diesmal unter dem Aspekt, den man etwa so umreißen kann: in der Fremde, Fremdes, Flucht, Flüchtlinge.

Seid nun alle bedacht mit Herbstlichem Gruß

Jürgen


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