Jürgen Linke
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Hymnus-artiges auf ein Kartoffelfeuer
im Schrebergarten
Wo sind die wärmenden Feuer der frühen Jahre,
die Kartoffelkraut und anderes Gesträuch,
das die Sonne getrocknet,
am Abend, am Rande des Gartens,
verzehrten?
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Die nackten Füße, denn barfuß ging man im Sommer,
die mittags den warmen Sand noch spürten,
spüren jetzt Kühle.
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Wenn alles sorgsam zusammen geharkt ist,
dürres Kraut und Gräser und allerlei kleines Geäst,
vielleicht auch hölzernes Gerümpel,
das wohl besser nicht im dunklen Rauch
gen Himmel geschickt werden sollte,
aber wer dachte damals an CO2
und all die Sachen,
dann beginnt das Spiel mit den Flammen,
das der Knabe so lange ersehnt hat.
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Papier wird geholt und geknüllt
den trockenen Gräsern untergeschoben,
ganz weit zur Mitte des Haufens. Wie das aufflammt
und schnell zu braunen Resten verbrennt,
die nur noch Form sind und glosende Ränder tragen.
Kurze Zeit nur. Dann zerfällt alles zu
flüchtiger Asche,
die der Wind davonträgt.
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Dann brennt auf das Gesträuch,
knisternd und knackend.
Die Gabel lockert Verfilztes und facht die Flamme an.
Aber nichts Bedrohliches hat das Feuer,
es eint die, die das Feuer umstehen.
Den Vater, der auf die Gabel gestützt,
wie ein Landmann, der zufrieden sein Werk betrachtet,
ins Feuer schaut.
Aber beileibe nicht aussieht wie ein Landmann,
In den kreisrunden Gläsern der Kassenbrille
spiegeln die Flammen.
Keine trägerbewehrte schwere Hose,
in Stiefel gestopft,
keine Mütze auf kantigem Kopf.
So sahen Bauern aus und tapsen so
noch heute durch die Programme des Fernsehens.
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Nicht so der Vater. Damals.
Die Füße stecken in Jesuslatschen.
Schwarze Turnhosen umspannen das Gesäß.
Das Turnhemd trägt auf halbovalem Grund
die Buchstaben des Turnvereins,
dem er schon lange angehört.
Der Vater hält sich gerade, selbst wenn er
sich auf den Stiel der Gabel stützt.
Standbein, Spielbein.
So stellten sich damals die Männer in Pose.
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Die Mutter in Kittelschürze.
In einem Alter, das heute fast noch
als jugendlich gilt.
In dem Frauen heute ihren Leib
in chice Klamotten hüllen.
Manchmal sogar Schneiderkostüm
und Pumps und das alles.
War damals nicht so.
Mutter stand also am Feuer in Kittelschürze.
Das Gesicht noch ein Hauch von Jugend,
der Leib schon schwer. Das Gehen macht Mühe,
eigentlich war Mutter immer krank.
Und musste früh sterben.
Aber damals am Feuer war alles so friedlich.
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Der Bruder umkreist das Feuer,
war immer so begeistert.
Stochert im Feuer an vielen Stellen.
Versucht später mit den Farben des Tuschkastens
das Feuer zu malen und malt gar nicht schlecht.
Das Bild gab es lange, bis Ordnungswahn,
nicht lange nach seinem Tod,
auch diese Spur eines begabten Lebens vernichtete.
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Das Feuer ist niedergebrannt.
Graue Asche. Einzelne Strünke, verkohlt,
einige fast weiß.
Jetzt kommt die Harke und kratzt zusammen,
was auf warmem Grund noch daliegt.
Dann kommt die Schaufel,
wirft märkische Erde auf Reste der Glut,
die niemand bedrohen.
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Und jeder geht, gedankenverloren,
ein jeder in sein Gehäus.